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Allgäu GmbH, Marc Oeder

Im Gespräch mit stellvertretender Stationsleitung Dominic

Dominic über die verschiedenen Momente im Pflegealltag

    Beruf: Stationsleitung

    Wie würdest du deinen Beruf mit 3 Worten beschreiben?

    Dominic: Nah am Menschen: Der Patientenkontakt macht mir großen Spaß. Ich gehe sehr gerne zur Arbeit und man nimmt sehr viele Gefühle wahr.

    Das erklärt jetzt schon fast wahrscheinlich unsere zweite Frage, aber natürlich die klassische Frage: Warum arbeitest du in der Pflege?

    Dominic: Ich liebe die Interaktion mit den Menschen, schwerpunktmäßig mit unseren Patienten,  finde es super, wenn man deren Gefühle wahrnehmen und auch adäquat darauf reagieren kann. Aber natürlich schätze ich auch den Umgang mit den Angehörigen und selbstverständlich mit den Kollegen im interdisziplinären Team.

    Kannst du das vielleicht festmachen, was dich während der Ausbildung oder jetzt während der Arbeit am meisten berührt hat?

    Dominic: Es gibt viele Situationen und Momente im Pflegealltag, die einen sehr berühren. Ich denke, für mich persönlich ist das aber immer der Abschied von einem Menschen, wenn er sich in einer palliativen Situation befindet und stirbt. Das ist immer wieder sehr bewegend. Wenn man die Patienten, aber auch die Familie, die Angehörigen betreuen und auf dem letzten Weg begleiten darf  und hierbei niemanden alleine lässt. Das ist das, was mir an dem Beruf gefällt: Die Zeit, auf die letzten Wünsche und Bedürfnisse des Patienten eingehen zu können.

    Was wären da denn Beispiele, was sind so die letzten Wünsche?

    Dominic: Manchmal reicht schon eine einfache Berührung. Es  sind ganz klassische Wünsche, die Patienten haben. Es reicht häufig aus, dass sie merken, sie sind nicht alleine in dieser Situation.

    Gibt es eine Sache, die den Beruf besonders macht?

    Dominic: Das ist die Abwechslung. Ich weiß nicht was mich erwartet, wenn ich zum Dienst komme. Kein Tag ist wie der andere.

    Das Gegenteil von Langeweile quasi.

    Dominic: Richtig.

    Wenn du jetzt einen Zauberstab hättest und du könntest auf der Stelle was ändern, was würdest du im Pflegeberuf sofort abschaffen oder verändern?

    Dominic: Also der erste Wunsch wäre natürlich mehr Personal. Dass die Schichten dementsprechend besser besetzt werden können, dass man für die Patienten wirklich die Zeit hat, die diese brauchen. Und an zweiter Stelle würde ich mir mehr Gehalt wünschen im Pflegeberuf, für alle Kollegen.

    Was für eine Bedeutung hat Alter und Tod für dich? Du triffst das ja oft an.

    Dominic: Man steht dem Tod natürlich ganz anders gegenüber, als wenn man nicht in dem Beruf arbeitet. Ich denke, man ist da in gewissen Situationen viel sensibler, auch wenn man dann eigene Angehörige betreut. Man schätzt das Alter viel mehr. Man geht einfach anders damit um.

    Wir haben ja jetzt schon ganz viele Antworten auf die Fragen gehört und irgendwie kann man sagen, entweder wird man ein bisschen härter oder andere werden weicher. Wie würdest du das für dich sehen? Also es heißt ja nicht, dass es schlecht ist, wenn man härter wird, aber es gibt ja dann so einen pragmatischen Umgang wie der letzte Interviewpartner.

    Dominic: Also ich denke – und ich projiziere das jetzt auch auf die Kollegen – dass man vieles mit der Zeit lernen muss. Natürlich ist der Umgang mit den Patienten nicht immer einfach, speziell bei uns in der Geriatrie, wenn eine Demenzerkrankung die Menschen verändert und belastet. Man braucht in unserem Beruf sehr viel Geduld, die ich glücklicherweise habe. Mich persönlich hat die Pflege nicht härter gemacht. Aber ich sehe natürlich mittlerweile vieles anders als zu Beginn meiner Ausbildung.

    Gibt’s da vielleicht auch schwierige Situationen, an die man sich gewöhnt? Ich meine da jetzt gar nicht den Tod. Aber das ist wie in jedem Beruf wahrscheinlich, oder?

    Dominic: Natürlich gibt es schwierige Situationen. Ich denke da jetzt an den dementen, bettlägerigen Patienten, der bei allem, wirklich allem, unsere Hilfe benötigt und wir springen und müssen uns dann auch noch beschimpfen lassen. Diese Situation haben wir öfter bei uns auf der Station. Hier muss man sich dann einfach mit den Kollegen absprechen, so dass es keine Belastung für einen selber wird. Oder man merkt „okay, also das ist mir jetzt zu viel“ und verlässt kurz das Zimmer. Ich denke, da muss jeder seine eigenen Strategien entwickeln, damit man nicht abstumpft oder es zu sehr an sich ran lässt.

    Aber man kann ja nicht ausweichen, oder? Weil letztendlich muss man es ja dann machen.

    Dominic: Genau, man hat quasi die Pflicht, den Patienten oder den Bewohner zu betreuen und zu versorgen. Aber ich denke, das ist einfach wieder die Absprache im Team, wie man es kommuniziert und inwieweit die Kollegen einen da unterstützen, in solchen Situationen.

    Es kann dann schon sein, dass man sagt „du, das pack ich heute nicht, kannst du mal einspringen?“

    Dominic: Ja, also ich finde, das ist ja nur menschlich, wenn man das auch so zugibt und es sich so eingesteht.

    Jetzt rückblickend: Wie würdest du sagen, hat der Beruf der Pflege dich jetzt verändert?

    Dominic: Also mich hat er verändert. Ich bin viel ruhiger geworden, ich bin gelassener geworden. Ich sehe Dinge anders – auch in Hinblick auf das Thema Tod. Ich sehe das ganz entspannt. Die Bevölkerung oder viele meiner Freunde haben ja eher Angst vor dem Tod und vor dem Sterben. Ich habe das jetzt als was Schönes erlebt, also ich kann jetzt sagen, ich kann auch guten Gewissens alt werden. Also eigentlich die Sicht aufs ganze Leben hat mich verändert in meinem Beruf.

    Hat man das in irgendeinem anderen Beruf, dass man so die Sicht aufs Leben verändert?

    Dominic: Glaube ich nicht.

    Weil du das Alter immer vor Augen hast und den Tod. Du kannst in keinem anderen Beruf das Leben so betrachten.

    Dominic: Vielleicht als Notretter oder so.

    Ja, der hat auch den Tod vor Augen.

    Dominic: Ich denke, unseren Pflegeberuf kann man mit dem Rettungswesen in der Hinsicht gleichstellen. Mich berühren vor allem auch immer die persönlichen Geschichten. Man bekommt ja so vieles mit von den Patienten: beispielsweise über das häusliche Umfeld oder die familiäre Situation. Ich finde, da schätzt man auch das eigene Leben oder die eigene Situation wieder ganz anders.

    Wie ist das Trennen? Nimmt man dann auch manchmal schlimme Erlebnisse mit nach Hause oder kann man das gut trennen?

    Dominic: Das ist bei mir eine besondere Situation. Meine Freundin arbeitet auch in der Pflege, zwei Stockwerke unter mir. Und das ist natürlich oftmals belastend, wenn man sich dann nach Feierabend noch austauscht, über Patienten, über Kollegen. Also es ist manchmal echt schwierig, da wirklich runter zu kommen und zu sagen „okay, also jetzt lassen wir die Arbeit wirklich hinter uns“. Auf der anderen Seite hilft es aber in belastenden Situationen auch, dass man sich einfach nochmal kurz austauschen kann und vor allem auch eine enge, vertraute Person im Umfeld hat, die davon was versteht.

    Aber das verfolgt dich jetzt nicht bis in die Nacht in den Traum?

    Dominic: Nein, in der Regel nicht. Aber es ist natürlich nicht immer einfach, in der Freizeit nicht über Erlebnisse aus dem Krankenhaus zu denken. Ich vergleiche das immer mit dem Spint: Ich ziehe mich auf der Arbeit um und lasse dann mit meiner Dienstkleidung eben das, was ich auf der Arbeit erlebt habe, auch auf der Arbeit zurück. Meistens klappt es.

    Aber es ist schon hart, wenn man bestimmte Dinge zum ersten Mal erlebt, oder?

    Dominic: Das sind natürlich so Erlebnisse, wenn es dann unschön wird. Also ich hatte zu Beginn meiner Tätigkeit eine Patientin hier auf Station, die Blut erbrochen hat. So etwas kann man dann nicht so schnell vergessen und so eine Situation holt einen dann  auch schon mal im Traum ein. Wie in einem schlechten Film, kann man fast sagen.

    Das wird dann einfach verarbeitet und dann geht’s am nächsten Tag wieder weiter?

    Dominic: Muss zwangsläufig. Das gehört zu unserem Beruf dazu und ich denke, das ist auch die Professionalität, die wir leben müssen. Wir müssen lernen, abzuschalten. Ich denke, da ist es immer ganz wichtig, dass man eine gesunde Work-Life-Balance betreibt, dass man dann raus geht, vielleicht Ski fährt oder sich mit Freunden trifft.

    Stehen da alle so recht stabil da oder gibt’s schon so Unterschiede, dass man sagt der ist doch bisschen sensibler?

    Dominic: Jeder Kollege ist individuell. Also ich denke schon, dass es manchen besser geht – psychisch sowie physisch – und manchen halt weniger gut.

    Jetzt spinnen wir mal ein bisschen: Versuch dir mal vorzustellen, wie glaubst du, sieht dein Beruf in 100 Jahren aus?

    Dominic: Schwierig. Also ich denke, so wie das die Politik jetzt macht, mit der generalistischen Ausbildung ab 2020, dass quasi alle 3 Berufsgruppen Kranken-, Kinder- und Altenpflege zusammengefügt werden, sehe ich eher kritisch. Ich denke, dass das den massiven Personalmangel verstärken wird. Also vielleicht nicht in den ersten Jahren, aber mit der Zeit werden vor allem die Altenheime sehr darunter leiden. Die Krankenpflege ist in meinen Augen für viele viel spannender und wird attraktiver gestaltet.

    Machen wir ein kleines Spielchen: Ich gebe einen Satz vor und du vervollständigst ihn bitte. Und der lautet: Mein Beruf ist etwas für dich, wenn du…?

    Dominic: …Spaß im Umgang mit Menschen hast …kontaktfreudig bist ... und auch starke Nerven hast.

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