Kurz vor Schluss, sagt Susanne Ohr, Seelsorgerin in Bad Wörishofen, kämen die Menschen zu ihr. Es sind meist Kurgäste. Sie hätten hier etwas für ihren Körper getan, für ihre Fitness, für die Gesundheit, und würden kurz vor der Abreise feststellen, dass etwas fehlt. „Die einen wollen einen Impuls mitnehmen, die anderen etwas für ihre Seele tun“, sagt Ohr. „Denn viele wissen, dass es tiefer liegende Gründe dafür gibt, dass sie krank geworden sind. Und dann suchen sie das Gespräch.“
Susanne Ohr ist ein Mensch, der auf besondere Weise Anteilnahme, Humor und ein nachhaltiges Interesse am Gegenüber zeigen kann, sie trägt ihr langes Haar zu einem kleinen Bun verknotet, eine Haarsträhne hinter dem Ohr. Sie sagt, dass die Menschen eigentlich immer zu spät kämen. „Ich selbst bin da keine Ausnahme.“ Sie lächelt. Ein Bandscheibenvorfall hätte sie aus der Bahn geworfen. „Zwei Jahre habe ich daran laboriert.“ Und sie ergänzt, es sei menschlich, dass man sich nicht vorab kümmert.
Im Hamsterrad erkennt man die eigene Lage erst, wenn die Kräfte schwinden
Ein Fehler ist es dennoch. Und, so hart es klingen mag, dafür trägt meist niemand anderes die Verantwortung als man selbst. So zumindest lautet die unbequeme Botschaft des Sascha Maurer. Der Coach weiß, wovon er redet. Er rutschte beinahe in einen Burnout hinein. Nachdem das Tief überwunden war, kehrte er nicht in das Leben zurück, das dafür verantwortlich war, er erfand sich selbst neu. Und hilft heute anderen, neugierig und nachhaltig auf sich selbst zu schauen. „Viele Menschen sind in einer Opferhaltung, können sich nicht abgrenzen oder übernehmen sich – und kommen an ihre Grenzen.“ Das gehe so lange gut, bis nichts mehr geht. „Wer im Hamsterrad steckt, erkennt seine Lage vielfach erst, wenn die Kraft nicht mehr ausreicht, das Rad anzutreiben.“