Frozen Joghurt mit Heidelbeergeschmack direkt aus der Eismaschine
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Allgäu GmbH, Silke Lorenz

Ein Tag (fast) wie in Italien

Allgäuer Naschgeschichten: In Episode 1 unserer besonderen Reise schmecken wir einen Hauch von Westallgäuer Dolce Vita und erleben einen Tag (fast) wie in Italien: Wir sind zu Besuch bei der Allgäuer Eismanufaktur.

Die Manufaktur im Überblick

  • Isny im Allgäu

    Ort

  • Eis-Spezialitäten

    Das ist hier geboten

Michele Soravia, einer der Inhaber, öffnet mir die Tür. „Nehmen Sie Platz, mein Bruder Agostino kommt gleich“, meint der 58-Jährige. „Und hier sind Federico und Alessandro, meine Neffen. Sie arbeiten auch im Geschäft mit.“

Die junge Soravia-Fraktion hat viele Zukunftspläne im Kopf und ist sehr umtriebig. Vor allem aber ist Federico absolut überzeugt von ihrem Produkt: „Unser Eis ist das beste in Deutschland. Das mag arrogant klingen, aber es ist meine Meinung. Wir haben nämlich die beste Zutat: frische Allgäuer Heumilch“, lacht er. Der 29-Jährige muss es wissen, hat er doch die Ausbildung zum Speiseeishersteller absolviert. Dazu besuchte er die Berufsschule in Mannheim, für die praktische Arbeit war er in München. Mangels Nachfrage wird die Ausbildung derzeit leider nicht mehr angeboten. Mit dem Gesellenbrief in der Tasche stellt Federico ebenfalls fest: „Das Meiste habe ich nicht in der Schule, sondern in München und von meinem Vater, Onkel und Opa gelernt.“ Das ist typisch für diesen Beruf: Handwerk und Rezepte werden von Generation zu Generation weitergegeben. Bei Familie Soravia das schon seit 1962.

Ein Jahr zuvor lernte Großvater Remo Soravia Isny auf einer Durchreise kennen. Das Allgäuer Städtle gefiel ihm auf Anhieb, die Nähe der Berge erinnerte ihn an seine Heimat in den Dolomiten. Dort hat auch die Zunft der Eishersteller ihren Ursprung. Diese zogen im Sommer nach Österreich und Deutschland und verkauften ihre Eisbällchen aus Handkarren. Mit der Zeit entstanden daraus die Eisdielen. Und so eröffnete Remo Soravia 1962 die erste Eisdiele in Isny. Über die Wintermonate kehrte er stets in die Heimat zurück. Dort besuchten seine Söhne Agostino und Michele die Schule. In jeden Sommerferien kamen sie jedoch mit ihren Eltern nach Isny und arbeiteten schon damals fleißig in der Eisdiele mit, schließlich übernahmen sie die Manufaktur später.

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Vor 16 Jahren kam Michele in Kontakt mit der „Aktion Landzunge“, was neue Perspektiven eröffnet: Nachhaltigkeit, regionale Vermarktung und kurze Wege sind Themen, mit denen er sich jetzt beschäftigte. Die Brüder entschlossen sich, ihre Eisdiele abzugeben und sich ganz auf die Eisherstellung zu konzentrieren. Jetzt kann man ihr Eis in ausgewählten Einkaufsmärkten, in Hotels und auf Bauernhöfen kaufen, oder auch im Großhandel. Micheles Frau betreibt noch die Eisdiele „Soravia“ in Oberstaufen. Ganz neu sind die Eis-Automaten, die Federico zum Beispiel auf der Terrasse des Sennereistübles „Dreikäsehoch“ in Diepolz aufgestellt hat.

Nachhaltigkeit wird in der Eismanufaktur groß geschrieben.

Neben kurzen Lieferwegen – im Umkreis von rund 70 Kilometern – und kompostierbarer Verpackung ist es aber vor allem der „Rohstoff“, der ihr Eis ausmacht. „Wir haben die Lizenz, um Rohmilch verarbeiten zu dürfen. Allgäuer Heumilch bekommen wir direkt aus der Nachbarschaft – vom Bio-Bauern Zengerle, der seinen Hof 500 Meter von uns entfernt hat. Oft kriegen wir morgens die Milch frisch gemolken und bei 4 Grad transportiert. Wir pasteurisieren sie einmal, machen sie also haltbar und verarbeiten sie dann“, erzählt Federico. Ihre weiteren Zutaten kaufen die Soravias so regional wie möglich ein: viel Obst und Kräuter wie Minze, Basilikum und Thymian vom Bodensee und aus der Region.

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Eis herzustellen, ist eine Wissenschaft für sich. Man muss an kleinen Rädchen drehen, um immer wieder zu verbessern.

Michele Soravias, Allgäuer Eismanufaktur

Überhaupt ist die Eisherstellung noch echte Handarbeit.

ilch und Obst werden frisch verarbeitet. Danach wird die Masse in der Eismaschine bei acht Grad gerührt, was sie schön cremig macht. Das Eis wird von Hand in Fünf-Liter-Wannen gestrichen. Oder in Becher mit 150 Millilitern, einem halben, einem ganzen oder 2,5 Litern. Die Maschinen nehmen zwar so manche Arbeit ab, wie das Rühren zum Beispiel. Doch es muss immer einen Menschen dahinter geben, der sie bedient und das Eis korrekt abfüllt. Bei minus 33 Grad kommt die cremige Masse in den Schockfroster. Ein Jahr ist das Eis mindestens haltbar.

„Eis herzustellen, ist eine Wissenschaft für sich. Man muss an kleinen Rädchen drehen, um immer wieder zu verbessern. Zum Beispiel wird das Rezept immer an die aktuelle Obstsüße angepasst“, erklären Onkel und Neffe. Ihre Manufaktur ist nicht groß mit drei Eismaschinen, aber es reicht völlig aus. „Wir können und wollen gar nicht mit Großbetrieben konkurrieren“, beteuert Michele. Besonders macht die Eismanufaktur vielmehr ihre kreative Produktvielfalt. Seit ihrer Gründung haben die Soravias an die 200 bis 300 verschiedenen Sorten entwickelt. Diese sind im digitalen Rezeptbuch gespeichert, ihrem größten Schatz. Oft kommen zum Beispiel Hoteliers auf sie zu und hätten gerne eine besondere Sorte kreiert. In einem Lindauer Cafè etwa ist außergewöhnliches Eis beliebt: aus Spargel oder Roter Beete. „Wir entwickeln gerne extra-vagante Sorten, neben den Klassikern, das macht uns Spaß“, sagt Michele. Die Liste hat wirklich Überraschungsfaktor: Rotwein-Sorbet, Karotte-Mandel- oder Kürbis-Maroni-Eis, Bratapfel-Eis aus mit Zucker karamellisierten Bodensee-Äpfeln… und was ist die liebste Sorte der Soravias? „Schokolade, ganz klassisch“, sagen Federico und Michele wie aus einem Mund und grinsen.

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Italiensches Dolce Vita trifft Allgäuer Milch
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Trüffelfee

Wieder klingelt das Telefon, zeitgleich ein Handy. Mittlerweile ist auch Agostino, den alle „Tino“ nennen, eingetroffen. Er wartet hinten in der Manufaktur auf die nächsten Eis-Wannen, die er mit einem seiner Söhne ausliefern soll. Vorne im Büro hängt Federico noch immer am Handy, Michele ebenfalls. Munter wird Deutsch und Italienisch durcheinander geplappert, es ist ein ständiges Kommen und Gehen, alles ein bisschen chaotisch und hektisch, typisch italienische Großfamilie eben.

Schließlich darf ich noch einen Blick ins Herz der Manufaktur werfen, wo drei Eismaschinen ihre Arbeit tun. Hier muss ich das Produkt natürlich auch mal selbst kosten: Erst grüner Apfel im Becher, wirklich grün und herrlich erfrischend. Dann intensive Joghurt-Heidelbeere direkt vom Löffel geschleckt. Jetzt streicht mir Tino noch Haselnuss-Eis mit Nüssen aus dem Piemont, ganz frisch aus der Eismaschine, auf eine Waffel. Himmlisch. Tino genehmigt sich selbst auch eine Kugel, so viel Zeit muss schon sein. Das Urteil: „Perfetto!“ So sieht dolce vita aus. Und so schmeckt es, wenn italienische Kunst auf leckere Allgäuer Milch trifft.

Portrait Silke Lorenz
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Die Autorin

Silke Lorenz

Von Franken über Niederbayern und Baden ins Allgäu, von Tageszeitungen und Verlagsarbeit über Frauenmagazine zur freien Journalistin: Seit über zehn Jahren bin ich jetzt im Oberallgäu daheim und entdecke immer aufs Neue tolle Menschen, alte Handwerkskünste, faszinierende Orte – und immer wieder sprachliche Schätze im Allgäuer Dialekt, die mein Germanisten-Herz erfreuen :-). Ich hoffe, Sie haben genauso viel Spaß beim Lesen meiner Geschichten wie ich beim Recherchieren derselbigen. Frohes Schmökern!