Der Milchautomat vom Allgäu-Hof Müller
Echte Kuhmilch ist anders. Sie rahmt, sie schäumt, aber vor allem schmeckt sie vollmundig und vielfältig. Am Milchautomaten kann man sie frisch beziehen – z.B. beim Allgäu-Hof im württembergischen Allgäu.
Echte Kuhmilch ist anders. Sie rahmt, sie schäumt, aber vor allem schmeckt sie vollmundig und vielfältig. Am Milchautomaten kann man sie frisch beziehen – z.B. beim Allgäu-Hof im württembergischen Allgäu.
Milch aus dem Supermarkt ist oft stark verändert. Sie wird im Labor in alle Einzelteile gespaltet, homogenisiert, fettreduziert und ultrahocherhitzt. Echte Kuhmilch ist anders. Sie rahmt, sie schäumt, aber vor allem schmeckt sie vollmundig und vielfältig. Wer zurück zu diesem Naturprodukt will, findet sie direkt beim Erzeuger – muss aber manchmal Umwege in Kauf nehmen. Sogenannte „Milchautomaten“ können hier helfen. So auch im Württembergischen Allgäu. Landwirt Michael Müller verkauft die pasteurisierte Milch seiner Kühe ab Hof und auch über insgesamt 14 Milchautomaten in der Region. Außerdem verkauft er flaschenweise über den Einzelhandel und beliefert ausgewählte Gastronomie. Das Beste: Seine neue A2-Urmilch hat ganz besondere Eigenschaften.
Kilometerlang geht es über grüne Hügel und schmale Straßen, bis weit südöstlich von Bad Wurzach ein Schild die letzten Meter weist: Allgäu Hof Müller. Gegenüber der Hofeinfahrt fällt eine urige Holzhütte ins Auge; zu der kommen wir noch. Die breite Auffahrt führt zwischen zwei Betriebsgebäuden hindurch und endet in einem geordneten Innenhof mit Parkplätzen. Die geöffnete Stalltür bietet freie Sicht auf einige Kühe, die zufrieden mit der Nase im Futter wühlen. Weiter hinten erblickt man Kälber auf Stroh. Milchbauer Müller schließt die Haustüre hinter sich: „ich wollte meinen Hof tiergerecht, aber auch besucherfreundlich gestalten.“ Der konventionelle Milchbauer melkt insgesamt 200 Stück Braunvieh und bewirtschaftet 200 ha Fläche.
Direkter Draht zum Verbraucher als Chance
Als er 2007 den damals noch kleineren Milchhof der Eltern übernahm, war für Müller eines klar: Er will den direkten Kontakt zum Verbraucher suchen. Warum? „Der Milchmarkt steht immer unter Druck“, erklärt Müller. Billigimporte und daraus resultierende Dumpingpreise machen es regionalen Milchbauern und auch den Molkereien schwer. Um langfristig bestehen und gleichzeitig Qualität und Tierwohl erhöhen zu können, brauchen die Bauern konstant höhere Preise für ihr Produkt. Und mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. Der direkte Draht zu den Leuten war für Müller der einzig sinnvolle Weg. Und er ging von Anfang an aufs Ganze.
Futter für die Kühe
„Wir sind mit acht Milchautomaten gestartet“, erzählt er. Ein großes Risiko. Denn alleine eines dieser Geräte kostet mehrere Tausend Euro. Hinzu kommen Wartung, Pflege und teilweise Standortmiete. Aber der Milchbauer strebte sogleich eine lückenlose Abdeckung in der Region durch sein Produkt an. Große Umwege wollen die Leute für ein Alltagsprodukt wie Milch nicht auf sich nehmen, weiß der Milchbauer. Und holte sich starke Partner dazu. Seine Milchtankstellen stehen nun auch vor bzw. sogar in beliebten Supermärkten, vor Dorfläden und an Wochenmärkten.
Münzgeld rein, Frischmilch raus
Die Automaten funktionieren ganz einfach: Der Kunde bringt eine eigene Flasche mit oder kauft am nebenstehenden Warenautomaten eine leere. Dann wirft er sein Münzgeld in die Zapfsäule, öffnet das kleine Türchen und hält die offene Flasche unter den laufenden Hahn. Deckel drauf, Türchen zu – und das war’s. Die frische Milch ist pasteurisiert. Das heißt, sie wurde schonend auf 72 Grad erhitzt – zur Abtötung möglicher Keime. Sie sollte daheim bei höchstens 8 Grad gelagert und innerhalb von 10 Tagen aufgebraucht werden. Die Glasflasche kann dann in der Spülmaschine gereinigt und an der nächsten Milchtankstelle neu befüllt werden. „Mit diesem System sparen wir Energie, Verpackungsmaterial und Müll“, sagt der Michael Müller stolz.
Beinahe täglich sind Michael Müller und seine Mitarbeiter unterwegs und füllen die Milchtankstellen und Warenautomaten in der Region auf.
A2-Milch – die neue, alte und vielleicht bessere Milch
Abgefüllt in Glasflaschen bietet Müller neuerdings ein weiteres, spannendes Produkt an: A2-Milch. Fans dieser sogenannten Urmilch behaupten, sie sei bekömmlicher als herkömmliche Kuhmilch und auch für Menschen mit einer langjährigen Unverträglichkeit genießbar. Wissenschaftler wollen diese Theorie zwar nicht bestätigen, trotzdem steigt die Nachfrage.
„A2-Milch ist grundsätzlich ganz normale Kuhmilch“, erklärt Müller. Jedoch weisen die Kühe eine spezielle DNA-Information auf, ihre Milch unterscheidet sich in der Zusammensetzung der Aminosäure-Ketten von der üblichen A1-Milch. Dieser feine Unterschied sorgt angeblich für ein wohleres Bauchgefühl bei den Konsumenten. Weil sich die A1-Milch wohl erst aus Kreuzungen in der Rinderzucht entwickelt hat, spricht man bei A2-Milch von der Ursprungsmilch oder Urmilch.
Michael Müller lässt die DNA seiner Kühe bzw. seines Jungviehs laufend untersuchen. Braunvieh weist ohnehin überdurchschnittlich viele A2-Kühe auf. „Ich separiere sie und verarbeite diese Milch gesondert“, erklärt er. Die Nachzucht passiert nur noch mittels der besonderen DNA. Die Kälber verbringen bei Müller zunächst unter besonderer Aufsicht und Fürsorge drei Wochen in ihrem Iglu mit Strohbett. Die Stierkälber verkauft Michael Müller dann über den Händler seines Vertrauens an Mastbetriebe im Umkreis. Für die weiblichen Tiere geht es in den hellen Kälberstall, wo sie in vier Gruppen auf Stroh gehalten werden – je nach Alter bei Milchersatz, Heu, Getreidemix, Silage und selbstgemischtem Kraftfutter.
Im Kälberstall werden die Tiere in Kleingruppen und auf Stroh gehalten. Langsam gewöhnt Müller sie von Milch auf Rauhfutter um.
Sobald die Tiere etwa ein halbes Jahr alt sind, ziehen sie zunächst in den Jungviehbereich und schließlich in einen der beiden Kuhställe. Im unteren Laufstall melkt die Familie zweimal am Tag per Melkstand, oben im neuen Außenklimastall mit Weitblick über Wiesen und Wälder übernehmen das zwei Melkroboter. Die Kühe können 24 Stunden täglich zum Roboter trotten und dort ihre Milch abgeben. Oder es sich in einer der großzügigen Liegeboxen bequem machen. Oder natürlich fressen, sich von einer automatischen Bürste striegeln lassen oder in Ruhe wiederkäuen.
„Bei uns haben die Kühe viel Platz, Tageslicht und Ausblick und immer frische Luft“, erklärt Müller sein Stallkonzept. „Im Sommer kann ich alles aufreißen.“ Die flexiblen Seitenwände des neuen Stalls lassen sich schnell nach oben raffen, eine Kuhdusche sorgt auf im Hochsommer für kühle Temperaturen. Zu fressen gibt es hauptsächlich Selbstproduziertes. Das ist Mais- und Grassilage, Weizen, Gerste und Raps von den eigenen Flächen sowie Biertrester und Reste aus der Zuckerrübenproduktion, die Müller zukauft. „Das Futter mische ich selbst. Ich spiele mit langsamer und schneller Energie. Alles ist genau auf die Tiere abgestimmt.“ Beim Thema Tiergesundheit setzt Michael Müller auf Homöopathie.
In herrlicher Alleinlage erstreckt sich die Müller’sche Betriebsstätte alleine über mittlerweile 2 ha, weitere 200 ha werden vom Team bewirtschaftet.
In dem kleinen Würfelbau neben dem Stall befindet sich die hofeigene Milchmanufaktur, die mit der Energie der Biogasanlage betrieben wird. Über ein Leitungssystem gelangt die frische Milch aus den Tanks direkt hinein, Müller und Mitarbeiter pasteurisieren, homogenisieren teilweise und füllen ab. Aus der besonderen A2-Milch entsteht außerdem der Bergkäse „Wachbühler“, benannt nach dem benachbarten Aussichtsberg. Das übernimmt eine Lohnkäserei, die viermal im Jahr anrollt.
Frischmilch und Käse verlassen beinahe täglich den Hof – und zwar in alle Himmelsrichtungen. Müller und sein Team fahren auf ihren Touren zu den Automaten, Wiederverkäufern und Gastronomiebetrieben mittlerweile bis hinunter zum Bodensee, oder nördlich bis kurz vor Ulm und westlich bis nach Ravensburg. Müller will die Wege seiner Kunden kreuzen, weiterhin kluge, frequentierte Standorte für seine Automaten finden. Und wer doch den Umweg über grüne Hügel und schmale Landstraßen direkt zum Erzeuger auf sich nehmen will, der ist an der urigen Milchhütte gegenüber der Hofeinfahrt genau richtig. Dort gibt es Frischmilch, Urmilch, Käse und sogar frische Eier sowie einen herrlichen Ausblick.
Name: Allgäu Hof Müller
Ort: Bad Wurzach (Oberschwaben)
Fläche: ca. 200 ha landwirtschaftliche Nutzfläche
Besonderheit: Moderner Milchhof mit 200 Stück Braunvieh, eigener Energie- und Stromerzeugung und Kreislaufkonzept – mit flächendeckender Direktvermarktung über Milchtankstellen
Wirtschaftsweise: Konventionell, Haupterwerb
Arbeitskräfte: insgesamt ca. 18 Angestellte in der Landwirtschaft und in der Milchverarbeitung und -vermarktung, zzgl. Familienarbeitskräfte
Produkte: Pasteurisierte Frischmilch, Milchmischgetränke, A2 Allgäu Urmilch, Bergkäse aus A2-Milch, Eier
Vertrieb: Milchautomaten an frequentierten Standorten bzw. in Supermärkten, flaschenweise Milch über Einzelhandel
Info: www.allgaeu-hof.de