Bärbel Bentele lacht als sie gefragt wird, ob man sie früher wohl als Hexe bezeichnet hätte. Sie liebt es, im Wald zu sein, sie kennt die Wirkung und Heilkraft der Kräuter, sie spürt eine Verbindung zur Natur, die uns heute nicht weniger ungewöhnlich scheint wie einst. Es ist ein Wissen um Zusammenhänge, die man gern als esoterisch abtut – und die man früher vielleicht Hexerei genannt hätte. Jetzt erklärt die Frau in der Blumenbluse die Wortherkunft. Hagzissa, Zaunreiterin, nannte man einst die einsam am Rand der Gesellschaft, hinter dem Hag, dem Zaun, lebenden Frauen. Und das Wort hat sich verkürzt zu Hexe. Bärbel Bentele nennt sich Sagenerzählerin, Kräuterfrau, Vermittlerin für Brauchtum und Mythen.
Von Hexen und Halluzinogenen
Wie wird man Hagzissa? Es ist kein Lehrberuf, aber man muss dafür berufen sein. „Ich habe als Kind mit meinem Vater auf der Alpe gelebt. Er war Senner, und ich habe viel gelernt über die Zusammenhänge der Natur.“ Heute wohnt sie in einem schönen Haus am Ortsrand von Stiefenhofen. Im Garten stehen alte Bäume, die Wiese ist frisch gemäht, aus dem Fenster geht der Blick in die Natur. Sie hat zwei erwachsene Söhne, teilt ihr Leben mit vielen Tieren und einem Mann, der einem ganz normalen Beruf nachgeht. „Er hat viel Verständnis für mich.“ Sie lacht wieder. Es ist ein herzliches, offenes Lachen.
Wir schlendern durch den Wald. Immer wieder bleibt Bärbel stehen. Sie zeigt uns den Wildampfer, der viel Oxalsäure enthält, den heilkräftigen Echten Ehrenpreis und das „Mauseöhrle“. So wird das Habichtskraut in der Region genannt, angeblich wegen seiner wie Ohren geformten, leicht behaarten Blätter. Man muss aber viel Fantasie haben, um darin Ohren zu erkennen. Und als es heißt, dass die Wurzeln ein Halluzinogen enthalten, ähnlich wie Haschisch, ahnen wir woher diese Fantasie kommt.