Der Geschmack des Waldes: Streifzug entlang des Waldrandes

Ein besonders schöner Teil des Waldes ist sein Rand. Er markiert den Übergang zweier Landschaftsformen, wenn sich Büsche und kleinere Bäume erheben zu einer eigenen Vegetation. Es ist der Lebensraum von Beeren und Kräutern. Und es ist der Bereich, den Natur- und Wildkräuterführerin Bettina Höcker besonders mag. Sie nimmt uns mit auf eine überraschende Reise rund um den Schlossweiher bei Pfronten.

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    Allgäu GmbH, Susanne Baade

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    Langsam nähert sich ihr Gesicht dem Holunderbusch. Bienen summen um sie herum, das Sonnenlicht spielt mit ihrem Haar, und Bettina Höcker atmet den süßlichen Duft ein. „Der Holunder war einst sehr beliebt“, sagt die Naturführerin, die uns heute mit nimmt auf eine Tour in eine Region, die nur selten im Fokus steht – den Waldrand. Es sind besondere Pflanzen, die wir hier kennen lernen. Den Schwarzen Holunder etwa hielten die Germanen für den Wohnort der Göttin Freya. Darunter lebte Holla, die Göttin der Quellen und Brunnen. Deshalb pflanzte man den Holunder gern nah beim Haus, auf dass er für Wasser sorgte. Jetzt pflückt Bettina einige der blauschwarz schimmernden Beeren und legt sie in ihr mit einem Tuch ausgeschlagenes Körbchen.

    Sie liebt das Allgäu – schon wegen der vielfältigen Naturräume

    „Ich bin ein vielseitiger Mensch“, sagt die Frau mit dem warmherzigen Gesicht, das an diesem kühlen Tag eingerahmt ist von einer grau-braunen Filzmütze. Früher hat sie in einer Apotheke gearbeitet. Doch das war ihr zu theoretisch. „Ich wollte dichter dran sein an den Pflanzen und Kräutern.“ Heute ist sie eine zertifizierte „Natur- und Wildkräuterführerin“. Auf der Website der Naturnasen kann man ihre Führungen – und die anderer Expertinnen und Experten – buchen. Bettina lebt seit fünf Jahren im Allgäu. Sie liebt diese Region für ihre einzigartigen Naturräume. Und sie schätzt es, hier auf besondere Weise im Einklang mit der Natur sein zu können. Immer wieder entdeckt sie neue Landschaften und taucht mit allen Sinnen in diese ein.

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    Wir folgen weiter dem Waldrand. Immer wieder bleibt Bettina stehen, weist auf eine Pflanze, zupft ein Blatt oder eine Frucht ab. Dabei legt sie wert darauf, diese mit Respekt zu nehmen. Und immer nur so viel wie sie im Moment braucht. „Die Hagebutte ist sehr reich an Vitamin C, die Brennnessel ebenso. Von allen Beeren hat die Brombeere den höchsten Anteil an Vitamin A.“ Jetzt reicht sie uns eine Frucht der Hagebutte. „Man kann sie so naschen, wie eine kleine Süßigkeit.“ Dagegen bereichert der säuerliche Geschmack der Berberitze jedes Müsli.

    Die Pflanzen sind nicht nur Heilpflanzen, sie wirken auch auf die Seele

    Schon nach einer Weile hat man sich auf Bettinas Tempo eingelassen, die Achtsamkeit, mit der sie sich durch diesen unscheinbaren Teil des Waldes bewegt, imponiert. Man spürt ihr Bestreben, ganz im Einklang zu sein mit der Natur, mit diesem Ort. „Viele Pflanzen sind nicht bloß Heilpflanzen in einem medizinischen Sinne, sondern wirken auch auch auf die Seele.“ Bettina erwähnt den Holunder, den man früher an der Tür gepflanzt hat, auf dass er Krankheiten abhält. Oder den Baldrian, er nimmt Kummer und Sorgen.

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    Unser Spaziergang entlang des Übergangs von Wald und Flur endet an einem kleinen See. Bettina Höcker hat etwas vorbereitet und holt einen Campingtisch aus dem Kofferraum ihres Autos. Sie setzt das Körbchen darauf ab und breitet ihre Ernte aus. Sie zeigt uns einige der Produkte, die sie aus den Früchten, die wir auch heute gesammelt haben, herstellt. Etwa ein Glas Brombeer-Holunder-Marmelade. Nun füllt sie einen guten Teil ihrer heutigen Ernte in eine Karaffe und gießt sie mit Weinbrand auf. Sie verschließt die Flasche, damit der Inhalt reifen kann. „Jeder dieser Genüsse ist auch ein einzigartiger Moment. Denn man kann nur in bestimmten Zeiten ernten, und kein Jahr gleicht dem anderen. Man kann mit Kräutern und Pflanzen nur im Hier und Jetzt sein.“

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    Rezept

    Bettinas wunderbare Brombeer-Holunder Marmelade

    • Zutaten

      500 Gramm Brombeeren
      500 Gramm Holunderbeeren
      Gelierzucker im Verhältnis von 1:2

    • Zubereitung

      Früchte über Nacht im Gelierzucker ziehen lassen und dann mit dem Saft aufkochen und pürieren. Die Marmelade noch heiß in sterilisierte Gläser füllen. Und genießen!

    Die Autoren

    Susanne Baade und Dirk Lehmann

    Im Expeditionsschiff in die Antarktis und per Helikopter über Australien, Wanderung zu einem Kloster in Nepal und Besuch im Luxushotels in Paris, Trekkings durch Kanada und Achtsamkeitsübungen im Allgäu – zu reisen, zu fotografieren, die Welt zu erzählen: Das ist unser Beruf, unsere Berufung. Lange haben wir als Redakteure namhafter Magazine im Hamburger Verlag Gruner+Jahr gearbeitet, seit einigen Jahren berichten wir nun für das Allgäu aus dem Allgäu. Hier haben wir besondere Menschen kennen gelernt, faszinierende Momente erlebt und eine Natur, die uns immer wieder begeistert. Wir sind dankbar für jedes dieser Abenteuer. Und dafür, dass Sie uns begleiten! Susanne&Dirk

    Mehr zu Susanne und Dirk auf ihrer Website.