Lieber Mario Tumler, um ein wenig besser zu verstehen, was Ihr Antrieb ist. Warum bieten Sie kein Ayurveda an?
Mario Tumler: Unsere Gäste sollen bei uns authentische Anwendungen bekommen. Deswegen haben wir Hot Stone, Kleopatra und Ayurveda rausgeworfen. Bitte nicht falsch verstehen: Das Kleopatra-Bad ist toll, eine schöne Entspannung. Aber es passt nicht zu einem Hotel in den Allgäuer Alpen.
Zu einem anderen regionalen Ansatz gehören im Idealfall auch regionale Produkte. Woher kommen die?
Die Produkte beziehen wir von regionalen Partnern, zum Beispiel von Alpienne. Die haben sehr gute alte Rezepturen. Ich kenne sie schon lange, und sie hatten mir zum Ausprobieren mal was mitgegeben. Aber ich bin eigentlich nicht jemand, der schnell auf Neues anspringt. Doch dann war mir das Öl ausgegangen, und ich verwendete ein Arnika-Öl. Schon als ich es auf den Körper auftrug, das war im Sommer, merkte ich, dass sogar das warme Öl eine Frische hatte. Und ich redete mehr bei der Massage. Später versuchte ich ein Öl mit Johanniskraut. Und das sorgte für spürbare Ruhe. Das machte mich neugierig. Ich befasste mich mehr mit diesen naturnahen Produkten. Seither bin ich von Herstellung und Wirkung überzeugt.
Das Öl, die Lotion sind ja nur ein Teil der Anwendung. Wie entsteht der Rest?
Das Team von Alpienne erntet die Kräuter, verbindet diese mit den Ölen, und ich schreibe die Anwendungen dazu. Bei einer Massage zum Beispiel, ob diese eher belebend sein soll, mit schnellen und festen Griffen, oder ob diese eher entspannen soll, eher streichend und streichelnd. Die Kunst eines guten Spas besteht darin, daraus eine besondere Anwendung zu machen – ein Signature Treatment. Und das ist uns für manche Anwendung gelungen.
Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?
Ich bin aufgewachsen als der Wellness-Trend noch am Anfang stand. Wellness war eher ein Nebenprodukt von Pool und Sauna. Bis man erkannte, es gibt gute Therapeuten, die sorgen für einen Mehrwert. Ich habe eine klassische Ausbildung und aus Neugier auch einmal in einem Hotel gearbeitet. Es macht einen Unterschied, ob jemand eine Behandlung verschrieben bekommt oder ob sich jemand um die eigene Gesundheit kümmert. Es macht auch einen Unterschied, wie ich den Gast begrüße. Meinen vielen Ausbildungen machen mir die Wahl der bestmöglichen Anwendung leichter. Dazu gehört, dass man sich als Therapeut auch mal dem Öl anpassen muss.
Im Alpin Spa des Panoramahotels heißen die Anwendungen „Zur Ruhe kommen“, „Waldbad“, „Ganzkörpermassage XXL“.
Die Texte sind keine Lyrik, sondern sie versuchen klar zu machen, was zu erwarten ist von einer Anwendung. Beispiel: „Der Berg ruft“. Das ist eine Massage mit schnellen, nicht in die Tiefe gehenden Griffen, bei der unsere Gäste nicht unbedingt runter kommen sollen. Es ist eine Massage, perfekt nach einer Wanderung, die soll beleben. Wir verwenden Arnika, machen einen kalten Fußwickel. Und man geht richtig erfrischt raus. Wir arbeiten mit lokalen Ölen, und es freut uns, dass sich die Gäste so positiv äußern.
Wohin geht die Entwicklung?
Ich habe 25 Jahre lang selbst massiert. Ich weiß, wie die Interaktion zwischen Gast und Therapeut funktioniert und setze ganz auf Aufrichtigkeit und Authentizität. Dabei spielt die Regionalität eine wichtige Rolle. Man sollte mit der Natur arbeiten, die man hat. So kann man etwa in München noch Anwendungen anbieten, die auf Murmelöl basieren. In Hannover wird das schon schwierig. Für mich ist auch wichtig, dass ich verstehe, was auf der Packung steht. Wenn es alles Begriffe sind, die ich erstmal googeln muss, kann ich dem Gast kaum erklären, was von einer Anwendung zu erwarten ist. Wir stehen ganz am Anfang eines Megatrends, in dem in den Spas Natur und Gesundheit immer mehr zusammen gehen.